Der Testamentsvollstrecker als Miterbe
Ist es klug, einen Miterben zum Testamentsvollstrecker zu ernennen? Diese Frage stellen sich viele Erblasser. Und die, die sie sich nicht stellen, sollten durchaus hierüber nachdenken.
Ist es klug einen Miterben als Testamentsvollstrecker zu beauftragen?
Selbstverständlich kann es klug sein, einen Miterben mit der Testamentsvollstreckung zu beauftragen: Der Testamentsvollstrecker kennt in der Regel die Miterben persönlich, er ist mit den Vermögenswerten des Erblassers unter Umständen vertraut; er kennt vielleicht die Familiengeschichte mit all ihren Facetten und die Befindlichkeiten der Miterben.
Er ist der „mächtige Miterbe“ in einer Erbengemeinschaft, in welcher das Einstimmigkeitsprinzip herrscht – also weder das Mehrheitsprinzip bei Abstimmungen noch die Höhe der Erbquote bei Entscheidungen irgendeine Rolle spielt.
Erblasser sollte Entscheidung gründlich abwägen
Der Erblasser wird also in der Regel gute Gründe haben, so zu entscheiden. Aber er muss es sich genau überlegen!
Besitzt der Miterbe, der Abwicklung und Auseinandersetzung vorzunehmen hat, wirklich die Fähigkeiten, das zu erledigen? Hat er die nötige Autorität? Besitzt er umgekehrt das Einfühlungsvermögen, Befindlichkeiten zu berücksichtigen?
Wenn alle diese Fragen zufriedenstellend bejaht werden, dann sollte der Erblasser die Chance nutzen, die Vergütung des Testamentsvollstreckers unabhängig von den üblichen Tabellen familienintern niedriger festzulegen (wobei sie immer der Verantwortung und dem Umfang der Testamentsvollstreckung entsprechen, also auskömmlich sein sollte), und er sollte die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers genau ausgestalten: Zum Beispiel sollte er von dem Verbot, In-Sich-Geschäfte, also Geschäfte mit sich selbst, vornehmen zu dürfen, befreit werden. Wenn dies alles bedacht wird, kann es vernünftig sein, einen Miterben zum Testamentsvollstrecker zu ernennen.
15 Jun 2016
Ich bin Notar und Fachanwalt im Erbrecht. Ein weiterer Schwerpunkt ist meine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker.