Neues zur Entlassung des Testamentsvollstreckers aus dem Amt
Vor einigen Monaten hatte ich hierzu geschrieben. Zumindest im Bereich des OLG Schleswig, und damit im Land Schleswig-Holstein insgesamt, deutet sich eine „testamentsvollstreckerfreundliche“ Haltung der Gerichte an.
Beschluss des OLG Schleswig
Das OLG Schleswig hat in einem Beschluss vom 01.12.2015 (3Wx 42/15, jetzt in Heft 7 der Zeitschrift für die gesamte erbrechtliche Praxis veröffentlicht) entschieden, dass auch „… die zunächst pflichtwidrig verweigerte und erst verspätet auf gerichtlichen Hinweis erfolgte Anfertigung eines Nachlassverzeichnisses […] sich nach den Umständen des Einzelfalls noch nicht als grobe Pflichtverletzung eines Testamentsvollstreckers […] darstellen (kann)“. Die Testamentsvollstreckerin hatte im vorliegenden Fall ihr Amt am 13.08.2013 begonnen. Erst mit Schreiben vom 12.01.2015 legte sie ein Nachlassverzeichnis vor. Jedenfalls „unter den hier gegebenen Umständen“ (des hier gegebenen Einzelfalls) sah das OLG die verzögerte Erstellung des Nachlassverzeichnisses, die grundsätzlich eine Pflichtverletzung bleibe, jedenfalls für sich betrachtet nicht als grob pflichtwidrig an.
Ob sich durch diese Entscheidung ein Richtungswechsel abzeichnet, bleibt abzuwarten. Den Interessen der Erben würde dies zuwider laufen: Sie haben zwar geerbt, besitzen aber keine Verfügungsbefugnis über das Vermögen. Oder anders ausgedrückt: Sie können mit dem Vermögen „nichts anfangen“. Ausschließlich der Testamentsvollstrecker ist verfügungsbefugt. Dann liegt es nahe, ihn als den Treuhänder fremden Vermögens, zu einer besonders strengen Abarbeitung seiner Pflichten anzuhalten.
Auf der Linie der Entscheidung des OLG Schleswig liegt der Beschluss des Amtsgerichts Ahrensburg zum Aktenzeichen 30 VI 264/16 vom 27.07.2016. Im Ahrensburger Verfahren wurde dem Testamentsvollstrecker eine Vielzahl von Pflichtverletzungen vorgeworfen: die Berücksichtigung von Pflichtteilsansprüchen einer Erbin, obgleich ein Testamentsvollstrecker mit Pflichtteilsansprüchen nichts zu tun hat; die verspätete Errichtung des Nachlassverzeichnisses; eine Berücksichtigung von Passiva im Nachlassverzeichnis, die gar keine Passiva darstellten und Gleichgültigkeit gegenüber Schäden an einer Nachlassimmobilie. Das Gericht hat auch „in der Gesamtschau aller vorgetragenen Umstände“ keinen wichtigen Grund gesehen, den Testamentsvollstrecker aus seinem Amt zu entlassen. Dabei kannte das Gericht offenbar die oben zitierte Entscheidung des OLG Schleswig bereits – und liegt damit auf der „vollstreckerfreundlichen“ Linie des eigenen OLG.
Für Erben (zumindest im Bereich des OLG Schleswig) wird es in Zukunft also schwieriger werden, Testamentsvollstrecker, die nachlässig arbeiten, aus dem Amt entlassen zu lassen.
Rechtsanwalt und Notar a.D.
Dr. Purrucker betreut Sie im Handels- und Gesellschaftsrecht.