Dr. Purrucker & Partner - Ihre Kanzlei aus Reinbek

Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag häufig unwirksam

In vielen Arbeitsverträgen finden sich sogenannte Ausschlussfristen bzw. Verfallklauseln. Danach müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis meist innerhalb von drei Monaten geltend gemacht werden. Wenn der Arbeitgeber darauf nicht reagiert oder die Ansprüche ablehnt, muss man sie oft innerhalb weiterer 3 Monate einklagen. Dies weicht erheblich von den regulären Verjährungsfristen ab. Nach ihnen können Ansprüche deutlich länger geltend gemacht werden, je nach Einzelfall 3 Jahre, 10 Jahre oder sogar bis zu 30 Jahre.

Mit den Ausschlussfristen soll laut Rechtsprechung eine gewisse Rechtssicherheit im Arbeitsverhältnis geschaffen werden, damit nicht Jahre später längst vergangene Ansprüche zu Streit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern führen. In der Praxis sind jedoch überwiegend Arbeitnehmer von dieser nachteiligen Regelung betroffen.

Arbeitsverträge unterliegen strenger Prüfung

Stellen Sie sich beispielsweise vor, Ihr Arbeitgeber zahlt Ihnen nicht alle Überstunden oder Zuschläge aus. Nun stehen Sie vor dem Dilemma, dass Sie ihn entweder innerhalb relativ kurzer Frist verklagen müssten und dadurch Ihren Job gefährden, oder die bittere Pille schlucken, Ihre Ansprüche verfallen zu lassen. Besonders ärgerlich ist dies, wenn der Arbeitgeber Ihnen kurz nach Ablauf der Ausschlussfrist kündigt. Dann ärgern Sie sich, dass Sie nicht doch rechtlich gegen Ihren Arbeitgeber vorgegangen sind.

Das könnte sich nun ändern, jedenfalls dann, wenn Sie Ihren Arbeitsvertrag nach dem 31.12.2014 geschlossen oder geändert haben, und er nicht der neuesten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes entspricht (BAG, Urteil vom 18.9.2018-9 AZR 162 / 18): Bereits nach langjähriger Rechtsprechung des BAG handelt es sich bei fast allen Arbeitsverträgen um allgemeine Geschäftsbedingungen, die einer strengen Prüfung unterliegen. Es gibt daher zahlreiche Entscheidungen zur Wirksamkeit von Verfallklauseln.

In der aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes geht es nun um eine Frage, die schon seit einiger Zeit die Arbeitsgerichte beschäftigt: Müssen Verfallklauseln grundsätzlich so gestaltet sein, dass Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht verfallen können? 

Verfallsklauseln und Lohnansprüche

Nun fragen Sie sich vielleicht, was das mit Ihnen zu tun hat, wenn Sie mehr als den Mindestlohn verdienen. Doch da es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, ist die Frage nicht, ob sie davon direkt betroffen sind. Vielmehr geht es darum, ob die Verfallklausel auch dann wirksam wäre, wenn Sie nur Mindestlohn bekämen. Dies ist sicherlich eine juristische Spitzfindigkeit, im Ergebnis aber richtig.

Das Bundesarbeitsgericht sagt nun, dass alle Arbeitsverträge und gegebenenfalls auch Arbeitsvertragsänderungen, die nach dem 31.12.2014 vereinbart worden sind, eine Formulierung enthalten müssen, nach der Mindestlohnansprüche nicht verfallen können. Andernfalls ist die Ausschlussfrist unwirksam. Arbeitnehmer können deshalb auch nach Ablauf der Ausschlussfrist Ansprüche geltend machen. Und das gilt selbst dann, wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist. Hintergrund dieser Entscheidung ist der seit dem 01.01.2015 gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn. Er darf nicht verfallen.

Nicht gezahlten Lohn geltend machen

Übrigens: Es darf in Verfallklauseln seit einiger Zeit auch nicht mehr verlangt werden, dass die Ansprüche schriftlichgeltend gemacht werden müssen. Im Zeitalter der elektronischen Kommunikation ist dies nämlich nicht mehr angebracht, steht aber noch in den allermeisten Verträgen. Es darf nur noch die so genannte Textformverlangt werden. Damit gilt beispielsweise auch eine E-Mail. 

Sofern Sie also Ansprüche gelten machen möchten, von denen sie bisher dachten, sie wären längst verfallen, sollten Sie sich dringend vorher anwaltlich beraten lassen.  Denn Verfallsklauseln können auch aus verschiedenen anderen Gründen unwirksam sein. So z.B., wenn die Frist zu kurz bemessen ist. Bevor Sie also versehentlich auf Ansprüche verzichten, holen Sie lieber juristischen Rat im Arbeitsrecht ein.

chevron-down