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Der fehlerhafte Pflichtteilsverzicht - Achtung: Notarhaftung!

Ein Pflichtteilsverzicht kann erhebliche finanzielle Auswirkungen haben – wenn er jedoch fehlerhaft beurkundet wird, droht nicht nur Streit unter Erben, sondern auch eine Haftung des Notars. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 20.11.2024 klargestellt, dass ein formfehlerhafter Pflichtteilsverzicht nichtig ist – mit gravierenden Folgen für alle Beteiligten.

Der Fall: Fehlerhafte Beurkundung eines Pflichtteilsverzichts

Eine Frau klagte gegen einen Notar auf Schadensersatz. Grund: Der Notar hatte eine Vereinbarung beurkundet, die als Pflichtteilsverzichtsvertrag bezeichnet wurde. Doch hier unterlief ihm ein schwerwiegender Fehler.

Die Ausgangslage

Der verwitwete Vater der Klägerin (Erblasser) setzte sie in einem notariellen Testament als Alleinerbin seines landwirtschaftlichen Hofes  (i.S.d. Höfeordnung) ein. Der Notar beurkundete einen Pflichtteilsverzichtsvertrag, in dem die Schwester der Klägerin auf ihren Pflichtteil verzichtete.

Bei der Beurkundung war der Erblasser nicht persönlich anwesend. Stattdessen wurde er durch eine Mitarbeiterin des Notars ohne Vollmacht vertreten. Der Erblasser erteilte später eine Genehmigung mit einer vom Beklagten beglaubigten Unterschrift. Nach dem Tod des Erblassers machte die Schwester der Erbin Pflichtteilsansprüche geltend.  Ihr Argument: Der  Pflichtteilsverzichtsvertrag war unwirksam.

Der Fall wurde zunächst vor dem Landgericht Münster und dem OLG Hamm verhandelt – schließlich entschied der BGH.

Icon von einen Justiz-Hammer

Das Urteil des BGH: Pflichtteilsverzicht war unwirksam

Der BGH stellte klar: Dem Notar sei ein fahrlässiger Beurkundungsfehler unterlaufen. Entgegen § 2347 S. 1 Hs. 1 BGB hat er einen Pflichtteilsverzicht beurkundet, obwohl der Erblasser nicht persönlich anwesend war.

Eine nachträgliche Genehmigung der Erklärung der vollmachtlosen Vertreterin durch den Erblasser war rechtlich nicht möglich. Auch eine spätere Annahme des unter Anwesenden abgegebenen Vertragsangebotes durch die verzichtende Schwester  war ausgeschlossen.

Folge: Der Pflichtteilsverzichtsvertrag war nichtig. Der Erblasser hätte zwingend persönlich anwesend sein müssen!

Haftung des Notars

Der Notar haftet für den hierdurch entstandenen Schaden. Dieser Fall zeigt, wie wichtig es für Anwälte und Notare ist, die aktuellste Rechtsprechung zu kennen und ihre Mandanten rechtssicher zu beraten – nicht zuletzt im eigenen Interesse, um Haftungsrisiken zu vermeiden.

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