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Gemeinschaftliche Testamente: Problem mit der Pflichtteilsstrafklausel

Das Berliner Testament: Eine beliebte Testamentsform

Nach wie vor ist das Berliner Testament die am häufigsten gewählte Testamentsform im Bereich der Ehegattentestamente. Dabei setzen sich die Ehegatten zunächst gegenseitig zu Alleinerben ein. Zudem verfügen sie, dass nach dem Tod beider Elternteile die Kinder zu gleichen Teilen erben sollen.

Nachteile des Berliner Testaments

Diese Gestaltung hat jedoch zwei wesentliche Nachteile

  1. Verlust des Steuerfreibetrags: Der Steuerfreibetrag der Kinder bleibt nach dem Tode des erstversterbenden Elternteils ungenutzt, da die Kinder in diesem Fall nicht erben.
  2. Pflichtteilsstrafklausel: Regelmäßig fügen Ehegatten eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel hinzu. Diese besagt sinngemäß, dass ein Kind, welches nach dem Tode des erstversterbenden Elternteils seinen Pflichtteil vom lebenden Ehegatten fordert, nach dem Tode des letztversterbenden Elternteils lediglich den Pflichtteil erhält und nicht regulär Erbe wird.
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Rechtliche Herausforderungen bei der Erbfolge

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 12.09.24 entschieden, dass das Grundbuchamt in solchen Fällen die Vorlage eines Erbscheins verlangen darf. Denn das Gericht kann nicht wissen, ob ein Kind nach dem Tod des ersten Elternteils den Pflichtteil verlangt hat und somit von der Erbfolge im zweiten Erbfall ausgeschlossen ist oder nicht.

Im konkreten Fall hatte eine Notarin eine eidesstattliche Versicherung aller Erben vorbereitet, die diese unterzeichneten. Die Notarin beglaubigte die Echtheit der Unterschriften. Das OLG entschied jedoch, dass eine solche Unterschriftsbeglaubigung den Formanforderungen der Grundbuchordnung nicht entspricht.

Es hätte also entweder ein Erbschein beantragt werden müssen oder eine notarielle eidesstattliche Versicherung abgegeben werden müssen - beides unter Tragung der Kostenlast durch die Erben.

Zusätzliche Kosten trotz notariellen Testaments

Die Wahl eines  notariellen Testaments erfolgt häufig gerade deshalb, um den Erben Kosten und Formalitäten im Falle des Erbfalls zu ersparen. Die Entscheidung des OLG erschwert dies jedoch in der beschriebenen Konstellation. Die Erben müssen trotzt des bestehenden notariellen Testaments zusätzliche Aufwendungen tragen, um den Erbnachweis zu erbringen.

Lösung: Die Änderungsklausel

Um diese Problematik zu umgehen, bietet sich der Einsatz einer sogenannten Änderungsklausel an. Diese ersetzt die Pflichtteilsstrafklausel und sieht vor, dass der überlebende Ehegatte durch eine anderweitige Verfügung die Enterbung aufheben kann. Der Pflichtteil fordernde Abkömmling wird dann bis zu einer bestimmten Quote wieder als Erbe oder Vermächtnisnehmer eingesetzt, jedenfalls in der Höhe, die dem Wert der Schlusserbfolge in Höhe seiner Quote entspricht.

Fazit

Rechtssprechung und Gestaltungspraxis beachten

Bei der Formulierung von gemeinschaftlichen Testamenten ist es essentiell, nicht nur auf die richtigen erbrechtlichen Termini zu achten, sondern auch die aktuelle Rechtsprechung zu berücksichtigen.

Die Einführung einer Änderungsklausel anstelle der klassischen Pflichtteilsstrafklausel kann helfen, unerwünschte Kosten und rechtliche Hindernisse zu vermeiden. Eine sorgfältige Planung unter Einbeziehung eines Notars und der neuesten Rechtslage ist daher dringend zu empfehlen.

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