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Kostenfalle Immobilienkauf: Wenn der Verkauf scheitert

Geschrieben von Dr. Maximilian Sponagel 
Veröffentlicht am 24. September 2024

Der Immobilienkauf ist ein komplexer Prozess, bei dem viele rechtliche Aspekte zu beachten sind. Doch was passiert, wenn ein Kaufvertrag im letzten Moment abgebrochen wird? Wer trägt die entstandenen Kosten, insbesondere die für die Finanzierung und Notargebühren?

Der folgende Artikel beleuchtet diese Fragen anhand konkreter Beispiele aus der Rechtsprechung und gibt praktische Tipps für Verkäufer und Käufer.

Kaufvertrag abgebrochen – Wer zahlt die Kosten?

Wenn ein Verkäufer oder eine Verkäuferin plötzlich nicht mehr verkaufen möchte, stellt sich die Frage, wer die bereits angefallenen Kosten für die Finanzierung und den Notar trägt.

Nehmen wir diesen Fall als Beispiel: Herr Müller möchte nach langer Suche ein Haus für 1,1 Mio. EUR kaufen. Im Auftrag von Herrn Müller erstellt der Notar Kaufvertragsentwurf und schickt diesen an beide Parteien. Kurz vor dem Beurkundungstermin erklärt der Eigentümer, dass er nicht mehr an Herrn Müller verkaufen möchte. Eine Begründung gibt er nicht ab. Nur zwei Wochen später verkauft der Eigentümer das Haus für 1,5 Mio. EUR an eine andere Person. Herr Müller erhält trotz abgebrochenem Kaufvertrag eine Rechnung vom Notar für den Entwurf des Kaufvertrages („Entwurfsgebühr“). Als Auftraggeber des Notars muss er an diesen ca. 4.000 EUR zahlen.

Keine Schadensersatzansprüche für den Käufer

Herr Müller hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Eigentümer aufgrund der Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten (§§ 280, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB). In dem Beispielsfall hat der Eigentümer zwar ohne Grund den Kaufvertragsabschluss abgelehnt, doch das allein reicht nicht aus, um eine Haftung zu begründen. Für einen Immobilienkauf gelten erhöhte Anforderungen.

Zu einer Haftung würde man nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur kommen, wenn eine besonders schwerwiegende Treuepflichtverletzung des Eigentümers vorliegen würde, wie beispielsweise das Vorspiegeln einer in Wahrheit nicht vorhandenen Abschlussbereitschaft oder ein innerliches Abrücken von dem Vertrag, das nicht umgehend offenbart wird (BGH vom 13.10.2017 – V ZR 11/17 Rn. 6). Die Beweislast würde bei Herrn Müller liegen, d.h., er müsste in einem Prozess beweisen, dass eine besonders schwerwiegende Treuepflichtverletzung vorgelegen hat. Das wird Herr Müller kaum gelingen.

Mögliche Kostensteigerung für den Käufer

Die Kosten für Herrn Müller könnten sogar noch höher ausfallen. Ein Fall des BGH vom 13.10.2017 – V ZR 11/17 zeigt dies deutlich:

Hier ging es um eine Dachgeschosswohnung mit Stellplatz, bei der sich die Parteien auf einen Kaufpreis von 376.500 EUR verständigt hatten. Im Auftrag des Eigentümers wurde auf dieser Basis ein Kaufvertragsentwurf von einem Notar erstellt. Einige Tage vor dem Beurkundungstermin verlangte der Eigentümer plötzlich einen höheren Kaufpreis (472.400 EUR), der Kaufinteressent lehnte ab. Ein Abschluss des Kaufvertrags unterblieb. Dem Kaufinteressenten entstanden für die Rückabwicklung seines Finanzierungsvertrages Kosten in Höhe von 9.000 EUR. Diese wollte er vom Verkäufer erstattet haben.

Der Kaufinteressent verlor den Prozess. Es gelang ihm nicht, eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung zu beweisen. Der BGH hat in seinem Urteil herausgestellt, dass bei einem Grundstückskaufvertrag jede Partei bis zur Beurkundung das Recht hat, von dem Vertrag Abstand zu nehmen (Rn.5). Denn nach § 311 b BGB gibt es keine Bindung der Parteien, wenn die gesetzliche Form (notarielle Beurkundung) nicht eingehalten ist. Denn erst mit Beurkundung entsteht die Bindung.

Entscheidungsfreiheit bis zur Beurkundung

Der BGH hat festgelegt, dass der innere Vorbehalt, den Kaufpreis zu erhöhen, keine besondere Treuepflichtverletzung darstellt. Selbst wenn der Eigentümer weiß, dass der Kaufinteressent schon einen Darlehensvertrag abgeschlossen hat, ändere sich daran nichts. Ansonsten würde ein indirekter Zwang zu einem Abschluss bestehen, was nach dem Zweck des Gesetzes (§ 311 b BGB) nicht sein darf.

Abschlussbereitschaft und innere Vorbehalt der Kaufpreiserhöhung seien auch nicht widersprüchlich. Beides kann also zeitgleich vorliegen. Der Eigentümer habe auch insoweit keine Hinweispflicht. Aber wenn er sich entscheidet, gar nicht mehr oder zu anderen Bedingungen verkaufen zu wollen, muss er den Kaufinteressenten umgehend darüber informieren.

Verkäufer können ebenfalls auf den Kosten sitzen bleiben

Aber auch der Verkäufer kann auf erheblichen Kosten sitzen bleiben. Ein Fall des BGH vom 09.11.2012 – V ZR 182/11 zeigt dies: Ein Kaufvertrag über ein Bauland im Wert von 75,5 Mio. EUR scheiterte, weil der Käufer von einem vollmachtlosen Vertreter in der Beurkundung vertreten wurde und die Nachgenehmigung verweigerte.

In diesem Fall war unstreitig, dass beide Parteien den Notar beauftragt hatten, so dass der Kaufinteressent im Rahmen des Gesamtschuldnerinnenausgleichs dem Eigentümer die Hälfte der Notargebühren erstattete (§ 426 Abs. 1 BGB). Die andere Hälfte – ca. 30.000 EUR – blieben als vergeblich aufgewendete Beurkundungskosten im Streit.

Erst in dritter Instanz verlor der Eigentümer den Prozess. Auch in diesem Fall verlangte der BGH über die Verweigerung der Nachgenehmigung ohne triftigen Grund hinaus eine besonders schwerwiegende Treuepflichtverletzung. Aus dem Umstand der vollmachtlosen Stellvertretung könne man eine solche Pflichtverletzung nicht folgern, weil der Eigentümer sich darauf „sehenden Auges“ (Rn. 11) eingelassen habe.

Zusammenfassung

Das Gesetz gewährt dem Eigentümer als auch dem Kaufinteressenten bis zur Unterschrift unter der Notarurkunde volle Entscheidungsfreiheit (§ 311 b BGB). Das bedeutet, dass beide Parteien das Risiko tragen, dass ein Vertrag nicht zustande kommt.

Trotz dieser Entscheidungsfreiheit gibt es kein Recht zu illoyalem Verhalten (OLG Saarbrücken vom 06.03.2014 – 4 U 435/12 Rn. 25).

Aber: Für eine Schadensersatzpflicht des „Aussteigers“ reicht es nicht aus, dass für seinen Ausstieg kein triftiger Grund vorliegt. Sondern nach BGH-Rechtsprechung bedarf es zusätzlich einer besonders schwerwiegenden Treuepflichtverletzung, die der Anspruchsteller oder die Anspruchstellerin beweisen muss. Um einen von mir sehr geschätzten Richter zu zitieren: „Das ist ein dickes Brett, das der Anspruchssteller bohren will.“

Nach der Rechtsprechung des BGH liegt keine besondere Treuepflichtverletzung vor, wenn der Eigentümer sich bei wahrheitsgemäßer Erklärung seiner Abschlussbereitschaft insgeheim vorbehält, den Kaufpreis zu erhöhen. Es spielt auch keine Rolle, wenn der Eigentümer vor Beurkundung von dem Kaufinteressenten informiert worden ist, dass er bereits einen Darlehensvertrag unterschrieben habe.

Tipp für die Praxis

Angesichts dieser strengen Rechtsprechung des BGH empfehlen wir jedem Verkäufer und jeder Verkäuferin sowie jedem Kaufinteressenten und jeder Kaufinteressentin, stets vorsichtig und umsichtig zu agieren. Dies gilt vor allem für diese zwei Bereiche:

a) Beauftragung des Notars

Es ist für jede Partei immer riskant, wenn sie allein den Notar beauftragt. Daher ist es empfehlenswert, sich unmittelbar vor der Beauftragung des Notars darauf zu verständigen, dass beide als Auftraggeber gegenüber dem Notar auftreten. Denn dieser Umstand wird beide Parteien motivieren, sich um den Abschluss zu bemühen. Bei einem Scheitern würden in diesem Fall beide Auftraggeber jeweils die Hälfte der vergeblich aufgewendeten Beurkundungskosten – von Notaren häufig salopp „Entwurfsgebühr“ genannt – schulden.

Was bedeutet diese für einen Makler?

Für den Makler kann es nur von Vorteil sein, sich von beiden Parteien schriftlich bestätigen zu lassen, dass Eigentümer und Kaufinteressent einen bestimmten Notar beauftragen möchten – und der Makler insoweit nicht in eigenem Namen handelt, wenn er bei dem Notar um den Entwurf des Kaufvertrags ersucht, sondern im Namen beider Parteien.

Wenn der Makler im Namen beider Parteien den Kaufvertragsentwurf beim Notar in Auftrag gibt, sollte er ausdrücklich darauf hinweisen und klarstellen, dass er nicht in eigenem Namen handelt. So erspart er sich nicht nur die eigene Haftung (vgl. OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 18.11.2020 – 9 Wx 12/20), sondern auch Ärger und Schuldvorwürfe, wenn es zu einem Abbruch kommt – alles Dinge, die man als Makler nicht brauchen kann.

Achtung:

Die bloße Entgegennahme des von der anderen Seite beauftragten und daraufhin von dem Notar gefertigten Vertragsentwurfs kann nicht als Auftrag im Sinne von § 29 Nr. 1 GNotKG angesehen werden. Das gilt auch für die schlichte Bestätigung des von der anderen Seite vorgeschlagenen Beurkundungstermins, vgl. BGH vom 19.01.2017 – V ZB 79/16 Rn. 10. Das bedeutet, dass die sich passiv verhaltene Partei kein Auftraggeber ist – und somit keine Notarkosten trägt.

b) Finanzierungskosten

Wer als Kaufinteressent oder -interessentin einen Darlehensvertrag bereits vor Beurkundung verbindlich abschließt, handelt laut BGH insoweit auf eigenes Risiko. Denn der Käufer oder die Käuferin habe die Möglichkeit, sich zunächst mit einer Finanzierungszusage zu begnügen – und erst nach Beurkundung den Darlehensvertrag abzuschließen (BGH vom 13.10.2017 – V ZR 11/17 Rn. 15). Auch ein Abschluss des Darlehensvertrages unter der ausschiebenden Bedingung des Kaufvertragsabschlusses ist denkbar.

Anzumerken ist, dass der Kaufinteressent als Verbraucher gegenüber dem Kreditinstitut (Unternehmer) ein Widerrufsrecht von 14 Tagen nach Vertragsschluss hat. Sollte diese Frist ohne Ausübung des Widerrufsrechts verstrichen sein, würde ihm im Falle der Nichtbeurkundung mit Sicherheit ein Schaden entstehen, vgl. die o.g. Fälle des OLG Saarbrücken vom 06.03.2014 und des BGH vom 13.10.2017. Diese Widerrufsfrist muss der Interessent daher unbedingt im Auge behalten.

Zusammengefasst:

Ein Immobilienkauf birgt rechtliche Risiken, die für beide Parteien teuer werden können. Eine sorgfältige Planung und das Bewusstsein für die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen sind daher unerlässlich.

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Geschrieben von

Rechtsanwalt
Master in European Business (MEB)
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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