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Coronavirus und Arbeitsrecht 2.0 - Neue Regelungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Geschrieben von Andreas Adebahr 
Veröffentlicht am 1. Februar 2021

Bereits im März des letzten Jahres haben wir uns im Blog mit dem Thema Coronavirus und Arbeitsrecht beschäftigt. Inzwischen haben sich jedoch weitere gesetzliche Regelungen sowie akute Problemfelder im täglichen Arbeitsleben ergeben. Es lohnt sich, erneut einen Blick auf dieses Thema zu werfen.

Anspruch auf Homeoffice?

Bis vor kurzem war ein grundsätzlicher Anspruch auf eine Tätigkeit im Homeoffice weder gesetzlich noch in der Rechtsprechung vorgesehen. Bis zum Ausbruch der Corona Pandemie war es für die meisten Arbeitgeber undenkbar, derart viele Arbeitnehmer im Homeoffice zu beschäftigen. Inzwischen hat jedoch ein Umdenken stattgefunden, auch wenn viele Bedenken bleiben. Homeoffice hat viel mit Vertrauen zu tun, aber auch mit rechtlichen Problemen, wie z.B. im Bereich des Datenschutzes, und mit praktischen Fragen, wie z.B. der Ausstattung des Homeoffice.

Am 22.01.2021 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV)“ verkündet, in der in § 2 Abs. 4 folgendes geregelt ist:

„Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betrieblichen Gründe entgegenstehen.“

Diese Regelung ist zunächst bis zum 15.03.2021 befristet.

Aber was bedeutet sie und welche Rechte lassen sich daraus ableiten?

Wie der Name schon sagt, handelt es sich um eine Verordnung, genauer gesagt, um eine arbeitsschutzrechtliche Verordnung. Ein subjektives (Klage-) Recht der Arbeitnehmer soll sich daraus nicht ergeben.

Arbeitnehmer sollen diesen Anspruch daher nicht einklagen und auch nicht im Rahmen einer einstweiligen Verfügung durchsetzen können.

Dies ist auch der Begründung des entsprechenden Referentenentwurfes zu entnehmen. Genau hier liegt aber der Hase im Pfeffer begraben: Die Verordnung ist ein stumpfes Schwert. Arbeitnehmern bliebe nur die Möglichkeit, den Arbeitgeber bei der zuständigen Arbeitsschutzbehörde anzuzeigen.  Diese könnte dann ggf. eine Betriebsschließung oder ein Bußgeld androhen, um eine Homeoffice-Tätigkeit zu erzwingen.

Aber wer will schon so weit gehen?

Die Verordnung gilt z.Zt. nur bis Mitte März, das Arbeitsverhältnis soll aber ggf. noch das ganze Berufsleben bestehen. Außerdem bedarf die Regelung einer Abwägung im Einzelfall. Wann stehen zwingende betriebliche Gründe entgegen? Wer bestimmt dies?

Die Verordnung ist insofern in erster Linie als Statement der Regierung zu verstehen und als Appell an alle Arbeitgeber.

Interessant ist aber unabhängig davon, dass die Regelung nur für Arbeitgeber verpflichtend ist. Arbeitgeber haben die Homeoffice Tätigkeit anzubieten, Arbeitnehmer müssen dieses Angebot aber nicht annehmen. Dies ist auch leicht zu begründen, denn nicht alle Arbeitnehmer haben eine Möglichkeit dazu.

Fazit dieser Regelung ist: Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten nach wie vor versuchen, eine einvernehmliche Regelung zu finden, wobei die Regierung den Weg zu einer vermehrten Homeoffice-Tätigkeit vorgibt.

Kurzarbeit: Was ist zulässig?

Das Thema Kurzarbeit bringt viele Probleme mit sich. Zwar kann aus anwaltlicher Praxis berichtet werden, dass die meisten Arbeitnehmer mit der Anordnung von Kurzarbeit einverstanden sind, um Arbeitsplätze zu erhalten. Das Mittel der Kurzarbeit wird aber leider auch immer wieder von Arbeitgebern zweckentfremdet. Von heute auf morgen verschwinden Guthaben auf Arbeitszeitkonten spurlos und eigentlich kranke Arbeitnehmer sind plötzlich offiziell in Kurzarbeit. Auch kommt es nicht selten vor, dass Kurzarbeit angeordnet und abgerechnet wird, obwohl Mitarbeiter voll arbeiten.

Diese Beispiele zeigen ein großes Problem: Der Staat ist nicht in der Lage, die Masse an Anträgen auf Kurzarbeitergeld adäquat zu prüfen. Es ist dadurch Tür und Tor für das Erschleichen von Sozialleistungen eröffnet. Dies schadet nicht nur den betroffenen Arbeitnehmern, die mit Verdienstausfall und Rentennachteilen zu rechnen haben, sondern auch der Allgemeinheit, die dies finanzieren muss. Arbeitnehmer sollten ein solches Vorgehen Ihrer Arbeitgeber daher nicht akzeptieren.

Es ist wichtig, Folgendes zu wissen: Kurzarbeit kann nur angeordnet werden, wenn es dafür eine vertragliche Grundlage in Form einer Ergänzung zum Arbeitsvertrag, eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung gibt.

Kita- und Schulschließung: Wer zahlt was an wen?

Eine schwierige Frage stellt sich, wenn Eltern zur Betreuung ihrer Kinder zu Hause bleiben müssen, weil die Kita oder die Schule geschlossen ist: Wer zahlt was an wen? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, da es verschiedene gesetzliche Regelungen gibt.

Kind-Krank-Tage

Beispielsweise regelt § 616 BGB, dass Arbeitnehmer auch dann ihr Gehalt vom Arbeitgeber gekommen, wenn sie für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ohne Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert sind. Diese Regelung betraf bisher hauptsächlich die so genannten Kind-Krank-Tage, bei denen der Arbeitgeber das Gehalt weiterzahlt, wenn Arbeitnehmer nicht arbeiten können, weil sie sich um ein krankes Kind kümmern müssen. Diese Regelung gilt aber nur für einen kurzen Zeitraum und auch nur dann, wenn sie nicht arbeitsvertraglich ausgeschlossen wurde.

Kinderkrankengeld

Eine ähnliche Regelung enthält sodann § 45 SGB V, der Eltern das so genannte Kinderkrankengeld gewährt, wenn sie zur Betreuung ihrer Kinder zu Hause bleiben müssen. Diese Regelung gilt jetzt unter bestimmten Voraussetzungen auch für solche Tage, an denen das Kind zwar nicht krank ist, aber die Kita oder die Schule wegen der Corona-Pandemie geschlossen ist. Aber auch diese Regelung ist zeitlich begrenzt, auch wenn die erstattungsfähigen Tage für 2021 deutlich erhöht wurden.

Weitere Ansprüche auf Entschädigung

Eine weitere Regelung findet sich in § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Auch hier sind Entschädigungsansprüche geregelt.

Fazit: Unterschiede ergeben sich nicht nur bei der Frage, welche Norm anzuwenden ist, sondern auch, unter welchen Voraussetzungen, wie lange und in welcher Höhe gezahlt wird. Es bedarf daher der Prüfung im Einzelfall.

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Geschrieben von

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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