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Pflichtteilsansprüche geltend machen - rechtzeitig!

Geschrieben von Maximilian Lojenburg 
Veröffentlicht am 1. März 2023

Jeder kann frei bestimmen, wen er zum Erbe einsetzt. Soll die gesetzliche Erbfolge nicht zum Zuge kommen, kann dies durch ein Testament geschehen. In einem Testament wird eine Person als Erbe benannt, damit kann einhergehen, dass nahe Angehörige wie Ehegatten oder Kinder nicht zu Erben werden. Insbesondere dann, wenn diese im Testament nicht erwähnt werden.

Enterbt – und dann?

Das BGB kennt den - meist durch Enttäuschung erklärbaren - Begriff des „Enterbens“ nicht. Vielmehr regelt das BGB eine deutsche Besonderheit, den Pflichtteil. Der Erblasser hat über seinen Tod hinaus Fürsorgepflichten für seine nächsten Angehörigen. Dabei ist gleichgültig ob die Verhältnisse vor seinem Tod zerrüttet waren oder nicht.

Enterbte Angehörige haben damit einen Anspruch auf eine Geldzahlung gegenüber dem Erben. Dieser Pflichtteilsanspruch beträgt die Hälfte des Wertes der gesetzlichen Erbfolge. Beispielsweise würde nach gesetzlicher Erbfolge, das auf den Pflichtteil gesetzte einzige Kind des Erblassers die Hälfte des Nachlasses erben. Der Pflichtteilsanspruch beträgt deshalb ¼.

Vor der Auszahlung steht die Auskunft

Der Pflichtteilsanspruch wird dadurch realisiert, dass der Erbe den Pflichtteil an den Pflichtteilsberechtigten auszahlt. Hierzu muss der Pflichtteilsberechtigte zunächst wissen, wie hoch das Erbe ist. Anschließend lässt sich ausrechnen, wie hoch der Pflichtteil ausfällt. Der Pflichtteilsberechtigte ist deshalb darauf angewiesen, dass der Erbe ihm mitteilt, was das Vermögen des Erblassers umfasst.

Hierauf hat der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch, den Auskunftsanspruch. Der Erbe muss unter anderem mitteilen, wie hoch das Geldvermögen des Erblassers war. Ebenso ist anzugeben ob Grundstücke, Wertpapiere, Unternehmensbeteiligungen oder sonstige Wertgegenstände in seinem Eigentum standen, aber auch, ob er Schulden hatte.

Auch Schenkungen müssen aufgeführt werden, jedenfalls solange sie nicht länger als zehn Jahre vor dem Tod des Erblassers erfolgt sind. Sobald der Pflichtteilsberechtigte diese Auskunft vom Erben erhalten hat, kann der Pflichtteil berechnet werden.

Der Pflichtteilsanspruch muss geltend gemacht werden

Der Pflichtteilsberechtigte kann die Ansprüche auf Auskunft und auf Zahlung ab dem Tod des Erblassers geltend machen. Der Pflichtteilsberechtigte muss seine Ansprüche spätestens vor Ablauf von drei Jahren geltend machen. Da seine Ansprüche ansonsten verjähren. Die Verjährungsfrist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte vom Erbfall und seiner Enterbung erfahren hat.

Verstirbt der Erblasser beispielsweise im Dezember 2023 und das Testament wird dem Pflichtteilsberechtigten im Januar 2024 zugeschickt, dann beginnt die Verjährungsfrist am 1. Januar 2025 und endet am 31. Dezember 2027.

Verjährung droht – handeln!

Droht Verjährung einzutreten, muss dringend gehandelt werden. Die Verjährung kann etwa durch Verhandlungen oder eine Stundungsabrede mit dem Erben gehemmt werden. Hat der Erbe bereits einen Abschlag an den Pflichtteilsberechtigten ausgezahlt, kann dies ein Anerkenntnis darstellen. Die Verjährung kann dann von Neuem beginnen.

Sicherer ist die Erhebung einer Pflichtteilsklage. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterscheidet hierbei zwischen Auskunfts-, Feststellungs- und Zahlungsklage. Eine Klage gegen den Erben allein auf Auskunft über die Erbmasse hemmt die Verjährung nicht, eine Feststellungsklage und eine Zahlungsklage hingegen schon.

Die Feststellungsklage kommt dann in Betracht, wenn es dem Pflichtteilsberechtigten innerhalb der Verjährungsfrist nicht möglich ist, die Höhe seines Anspruchs festzustellen. Dies kann der Fall sein, wenn der Erbe die Auskunft noch nicht vollständig erbracht hat oder weil er sich weigert, den Pflichtteilsanspruch anzuerkennen.

Ist die Verjährung eingetreten, kann der Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteil fordern. Der Erbe kann hiergegen jedoch die Einrede der Verjährung erheben und die Zahlung verweigern. Weiß der Erbe nichts von einer eingetretenen Verjährung und zahlt den Pflichtteil aus, kann er dies nicht mehr rückgängig machen. Auch dann nicht, wenn er weiß, dass Verjährung eingetreten ist.

Unsere Empfehlung

Haben Sie erfahren, dass Sie vom Erblasser enterbt wurden, dann kontaktieren Sie umgehend einen Rechtsanwalt. Dieser wird Sie über Ihre Rechte gegenüber dem oder den Erben beraten. Kann sodann keine Einigung mit dem Erben erreicht werden, wird ein Rechtsanwalt Ihre Ansprüche auf Auskunft und auf Zahlung des Pflichtteils rechtzeitig für Sie geltend machen – nötigenfalls im Wege einer Klage.

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Geschrieben von

Rechtsanwalt für Vertragsrecht, Prozessrecht,
Erbrecht und Gesellschaftsrecht

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